Lebensverlängerung und Verjüngung erwachsener Individuen stellen jedes politische System vor Herausforderungen, die eines gesonderten Diskurses bedürfen, der nicht Thema dieses Beitrages sein sollen.
In beinahe jeder Zelle tierischer Organismen läuft ein biologischer Countdown. Die Gene tierischer Zellen befinden sich als DNA codiert auf langen Molekülfäden, den Chromosomen. Der Mensch besitzt 46 Chromosomen, die Maus 40 (Beides jeweils inklusive der beiden Geschlechtschromosomen).
Die Lebenserwartung des Menschen beträgt um 80 die von Labormäusen um 3 Jahre. Menschen und Mäuse altern individuell. Lebensumstände und Krankheiten können die Lebenserwartung deutlich mindern.
Ein wesentlicher Zähler der Lebenserwartung der Zellen sind die sogenannten Telomere. Das sind Bereiche am Ende der Chromosomen, die bei Zellteilungen nicht exakt kopiert werden sondern jeweils um ein Stück verkürzt aus jeder Teilung hervorgehen. 2012 publizierten 1) Maria A. Blasco und Bruno M. Bernardes de Jesús eine Methode, in der sie beschreiben, wie ein Enzym zur Telomerverlängerung in Mäuse aktiviert werden kann. Die erhöhte Telomeraseaktivität führte im Experiment zu einer Erhöhung der Lebenserwartung, die abhängig vom Alter der jeweiligen Mäuse zum Zeitpunkt der Behandlung war. Junge Mäuse profitierten stärker als alte Mäuse. 2 Jahre später konnten sie zeigen, dass die Genesung von Myocardinfarkten bei Mäuse bei aktivierter Telomerase erfolgreicher verlief 2).
Schönheitsfehler der Methode mit Blick auf den Menschen: Ein viraler Transporter wurde zum Einschleusen der Aktivierungsinformation verwendet. Ein Wiederherstellung des Ausgangszustandes war ausgeschlossen.
Forscher der Stanford Universität ärgerten sich über die begrenzte Lebenserwartung in Zellkultur befindlicher menschlicher Hautzellen3). Auch bei in Zellkultur befindliche Zellen läuft die Lebensuhr ab. Am Ende degenerieren sie und sterben nach spätestens 40 Teilungszyklen ab. Natürlich wussten sie auch um den Sitz der biologischen Uhr, wollten aber das Genom der zu Studien benötigten Zellen nicht verändern, keine Viren einsetzen. Sie nahmen sich des aktiven Teils des menschlichen Telomerasegens an. Der Weg vom Gen zum wirksamen Enzym verläuft über ein Molekül, das mRNA genannt wird. Dieses Molekül veränderten / verkürzten sie bis die mRNA für den Code des biologisch wirksamen Bestandteils TERT der Telomerase hatten. Damit transfizierten sie die in Hautzellen ihrer Zellkulturen. Transfektion bedeutet, dass sie die verkürzte mRNA durch die Zellmambranen hindurch in die Zellen beförderten 4). Elektroporation, Lipofektion … es gibt viele Wege einer Transfektion. Einige dieser Wege sind auch beim lebenden Menschen einsetzbar.
Im Ergebnis erhielten sie Hautzellen mit verlängerten Telomeren, die sich wie junge Hautzellen kultivieren ließen. Teleomere junger Zellen sind etwa 8000 bis 10000 Basenpaare (DNA-Einheiten) lang. Die Transfektion mit der modifizierten mRNA führte zu einer Verlängerung um 1000 Basenpaare. Sie ist wiederholbar. Sie hinterlässt keine bleibenden genetischen Spuren außer den verlängerten Telomeren auf den Chromosomen der behandelten Zellen.
Stark verkürzte Telomere findet man bei Erkrankungen wie der Osteoarthritis und sie spielen vermutlich auch bei einigen Formen der Insulinintoleranz eine Rolle.
1) Telomerase gene therapy in adult and old mice delays ageing and increases longevity without increasing cancer. EMBO Molecular Medicine, 2012
2) Telomerase expression confers cardioprotection in the adult mouse heart after acute myocardial infarction. Nature Communications, 2014; 5: 5863
3) Transient delivery of modified mRNA encoding TERT rapidly extends telomeres in human cells. The FASEB Journal, 2015;