Elektroflokkulation von Chlorella – Schritt 1

Von der Alge zum Produkt – Downstream Processing ist (DP) ein Kostenfaktor. Der erste Schritt des DP besteht in der Gewinnung der Biomasse. Während innerhalb des Algenprojekts Zeitaufwand und Kosten aufgrund der gewählten, kleinen Volumina eine eher untergeordnete Rolle spielten, tritt das Projekt nun in eine Phase, in der nicht nur Upscaling zur Gewinnung eines Produkts (Polyhydroxybuttersäure / leicht abbaubarer Biokunststoff) eine Rolle spielt, sondern sich auch Aspekte Multi-Produktproduktion und Nahrungsmitteleignung als wertschöpfende Parameter darzustellen beginnen (Tank-Teller-Konkurenz).

Da Chlorella vulgaris, aber nicht „wie Chlorella vulgaris aussehende Algen“ für den Verzehr zugelassen sind, hat die Produktion unter Ausschluss von Kontaminationsmöglichkeiten zu erfolgen. Offene Kulturverfahren wie der „Pilot-Scale Open Raceway“ kommen darum nicht in Frage.

Die Anregung zur vereinfachten Umsetzung des Elektroflokkulationsverfahrens (EF) lieferte das Video des „Coagulatur Kit“ von makewater.org auf Youtube, denn dort liest man die in deren Experiment verwendeten Parameter. Dies sind

  • 12 V Gleichspannung,
  • in 20 s Pulsen
  • bei einer Stromstärke von 1 A.

Im Experiment wurde der Schmutzwasserprobe eine erhebliche Menge Kochsalz (final etwa 1,5 g/l) zugefügt. Die Elektroden bildeten Bleche aus Aluminium und Eisen. Die Dauer der EF gab der Experimentator mit 5 bis 8 Minuten an.

Die Beschränkungen des gewählten Aufbaus ergeben sich aus dem verwendeten alten Arduino-Motor-Shield und Arduino als Stromquelle, da die Dauerbelastbarkeit des dort verwendeten Darlingtontreibers L293D mit 0,6 A bei Dauerlast und 1,2 A bei kurzzeitiger Spitzenlast angegeben wird. Die Spannung ergibt sich aus dem für den Aufbau verwendeten Netzteil. Ein verfügbares, übliches Labornetz liefert 3 bis 5 A bei bis zu 30 V und kann die entsprechende Leistung dauerhaft abgeben.

Die erste Versuchsphase bildete ein Aufbau

  • 200 ml Algensuspension
  • 0,15 g Kochsalz
  • etwa 2 ml Essigsäure 3% (Tafelessig) zum leichten Ansäuern für einen besseren Aufschluss
  • 2 Aluminiumelektroden (Bleche) 25 mm Breite
  • 12 V kontinuierliche Gleichspannung

Die Elektroden schienen relativ inaktiviert zu sein (Aluminiumoxid ?). Jedenfalls stiegen Gasperlen nur vom unteren Rand der Kathode auf.

Nach Erhöhung der angelegten Spannung auf 30 V und Verdoppelung der Salzmenge nahm die Gasblasenbildung deutlich zu.
Der fließende Strom stieg bis auf 0,82 A an. Die Flokkulations setzte sehr schnell ein. Die koagulierten Algen stiegen mit den Gasblasen an die Oberfläche. Die eingesetzte, elektrische Leistung von nahezu 25 W erwärmte die Lösung spürbar.
Nachdem die flokkulierte Algensuspension etwa 1 Stunde steht lösen sich Koagel aus der „Deckschicht“ der Flüssigkeitsoberfläche und sinken zu Boden.
Auch nach 48 Stunden nach dem Experiment lässt durch Schütteln keine homogene Algensuspension erzeugen. Die Algenkoagel befinden sich auf dem Boden des Becherglases und zeigen neben hellen auch dunkelgrüne Strukturen.
Die visuelle Untersuchung der Kathode, also der Elektrode mit der deutlichen Gasbildung zeigt nach Abwischen deutlich vom initialen Aussehen unterscheidbare Strukturen. Teile der Elektrode sind zum Rand hin blank.

Damit ergibt sich auch ohne chemische Analytik, dass Aluminiumionen von der Elektrode in die flokkulierte Lösung gewechselt sind (in Folge oxidativer Prozesse an der Kathode). Die Anode behielt ihr ursprüngliches Aussehen.

Der oben gezeigte Aufbau besteht aus einem schwarzen 20 mm starken POM-Block zur Isolation der Elektroden voneinander, den beiden Elektroden sowie auf jeder Seite ein Streifen Acrylschaum zwecks Isolation gegen die verwendete Schraubzwinge.

Auswertung

In der Wachstumsphase befindliche Chlorella vulgaris sind unter den verwendeten Bedingungen aus innerhalb weniger Minuten flokkulierbar. Sie trennen sich im flokkulierten Zustand durch einfache Filtration schnell von der Flüssigkeit trennen. Chlorella vulgaris scheint nach der EF nicht mehr vital. Dies ist durch Wachstumsversuche jedoch noch zu überprüfen. Bei der gewählten, niedrigen Spannung ist ein Zusatz von Kochsalz zur Erhöhung der Leitfähigkeit der Zellsuspension und damit zur Beschleunigung des Flukkolationsprozesses hilfreich. Aussalzungseffekte sind durch die hinzugefügte, geringe Salzmenge nicht zu erwarten. Der fließende Strom ließ sich ebenfalls durch Erhöhung der angelegten Spannung deutlich vergrößern (das ohmsche Gesetz gilt auch hier). Der Abtrag von Aluminium an der Kathode führt zu einer Kontamination der entstehenden Lösung und zum Verbrauch an Elektrodenmaterial. Beide Effekte sind nicht wünschenswert für den geplanten Einsatz in einem Multiproduktverfahren bei dem eines der Produkte als Futter- oder Lebensmittel verwendet werden soll.