Sterilisation

2. Theroretische Einführung

2.1 Sterilisationstechniken

Das Arbeiten in der Mikrobiologie setzt voraus, dass Kulturgefäß, Nährlösung und andere Arbeitsgeräte steril sind, also keine vermehrungsfähigen oder infektionsfähigen Partikel mehr enthalten. Unter Sterilisation versteht man die Abtötung von lebenden Mikroorganismen oder deren Ruhestadien (Sporen).

Der Begriff der Entkeimung wird häufig im Sinne von Sterilisation verwendet. In der Hygiene versteht man darunter auch die Entfernung aller lebenden und toten Zellen aus einem Medium, was nur durch Filtration erreicht werden kann. Viruspartikel verbleiben allerdings in der filtrierten Lösung.

Unter Desinfektion versteht man die Vernichtung von pathogenen Mikroorganismen. Man meint also eine selektiv wirksame Maßnahme zur Verhinderung einer Übertragung von Krankheitserregern. Oft beschränkt man sich lediglich auf die Verringerung der Keimmenge, z.B. bei der Händedesinfektion. Desinfektionsmaßnahmen zielen aber  häufig nicht nur auf die Beseitigung pathogener Keime sondern auch auf die Vernichtung saprophytisch der Mikroorganismen, z.B. in der Lebensmittelindustrie und bei der Oberflächendesinfektion des mikrobiologischen Arbeitsplatzes. In diesen Fällen kann man den Ausdruck pathogen durch die Bezeichnung „unerwünscht“ ersetzen.

Die Pasteurisierung ist eine Teilsterilisation, durch die nur die vegetativen Zellen der meisten Bakterienstämme, nicht jedoch die Sporenstadien von Pilzen und Bakterien abgetötet werden. Bei der Pasteurisierung wird das Gut meistens für 5-10 min auf 72 – 80 °C erhitzt. Milch wird unterschiedlichen Erhitzungszeiten teils aus Geschmacksgründen unterworfen:

Kurzzeiterhitzung: 20 – 40 s auf 71 – 74 °C
Hocherhitzung: 2 – 5 s auf 85 – 87 °C
Ultrahocherhitzung: 1 – 2 s auf 135 – 150 °C (durch Einleiten von überhitztem Dampf)

Die wichtigsten Verfahren zur Sterilisierung basieren auf der Anwendung von Hitze. Das folgende Schema gibt einen Überblick über die wichtigsten Formen der Hitzesterilisierung.

Feuchte Hitze Strömender Dampf
Gespannter Dampf
Trockene Hitze Heißluft
Ausglühen
Abflammen

Bei den einzelnen Formen der Heißluft- und Dampfsterilisation (s.u.) ist zu beachten, dass das Sterilisiergut in den Sterilisatioren erst nach einer bestimmten Zeit die Sterilisationstemperatur annimmt. Der Ablauf einer Sterilisierung lässt sich von der Zeit her in vier Abschnitte gliedern:

  1. Anheizzeit: Zeit für das Anheizen des Sterilisators
  2. Ausgleichzeit: Zeitspanne, bis das Gut die Sterilisationstemperatur angenommen hat („thermisches Nachhinken“)
  3. Abtötungszeit: Einwirkungszeit der für das Abtöten erforderlichen Temperatur
  4. Abkühlzeit: die für die Abkühlung des Gutes notwendige Zeit

Hier fehlt eine geeignete Abbildung als Diagramm zum Ableuf der Sterilisation

2.1.1 Sterilisation durch trockene Heißluft (im Trockenschrank)

Leere Metall- und Glasgefäße ohne Flüssigkeiten können durch trockene Hitze keimfrei gemacht werden. Alle Gegenstände, die aus Material mit verschiedenen Ausdehnungskoeffizienten bestehen, dürfen während der Sterilisation nicht fest miteinander verbunden sein z.B. Schraubverschlüsse auf Glasteilen, Gummistopfen oder –dichtungen werden brüchig, Plastik verformt sich oder schmilzt. Luft muss gegebenenfalls während der Erhitzungsphase aus dem Inneren einer Kavität entweichen und beim Abkühlen in die Kavität zurückströmen können. Anderenfalls besteht die Gefahr von Ex- oder Implosion.

Sämtliche Gegenstände müssen auch gegen Reinfektion nach der Sterilisation geschützt werden. Dazu werden Messpipetten in Alufolie (beschriften, wohin die Spitzen zeigen) oder in Metallbüchsen (beide Teile der Dose zusammenschieben, Löcher in Dose und Deckel zur Deckung bringen) eingepackt und sterilisiert, Kolben werden mit Stopfen verschlossen, Glas- Petrischalen zu je 4-5 Stück übereinander gestellt und Pasteur- Pipetten und Drigalskispatel werden in Alu Folie (s. u. ) verpackt.

Hier soll eine beispielgebende Abbildung für die Verpackung mehrerer Drigalskispatel eingefügt werden.

Die Höhe der Sterilisationstemperatur richtet sich nach den infektiösen Einheiten mit der größten Hitzeresistenz, also auch nach den Endosporen der Bacillus- und Clostridien- Arten. Richtwerte für die Heißluftsterilisation:

160°C  180 min
170 °C 120 min
180 °C  30 min

Diese hohen Temperaturen sich notwendig, da die Bakteriensporen trockene Hitze wesentlich besser und länger ertragen als feuchte Hitze bei der die Sporen durch Quellung empfindlicher werden. Es müssen lange Ausgleich- zeiten eingeplant werden. So nimmt z.B. ein Stapel Petrischalen in einem auf 180 °C aufgeheizten Heißluftschrank erst nach ca. 3 Stunden eine Temperatur von 160 °C an. Wenn zwischen das Sterilisiergut gelegte Watte nach der Hitzebehandlung leicht braun geworden ist, kann man annehmen, dass die erforderliche Temperatur erreicht wurde.

2.1.2 Sterilisation durch Ausglühen

Die metallenen Impfgeräte wie Öse und Nadel werden in der heißen Brennerflamme zum Glühen gebracht.

Bunsenbrenner.svgVon Tobias Rütten, MetocEigenes Werk, CC BY-SA 2.5, Link

Links geöffnete, rechts geschlossene Luftzufuhr. 1. Brennerrohr 2. Luftzufuhr 3. Gasregulierung 4. Gaszufuhr

Bunsen burner flame types.jpgVon Arthur Jan Fijałkowski – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link

Verschiedene Flammentypen in Abhängigkeit von der Luftmenge, die das Luftventil passiert: 1 Ventil geschlossen (Diffusionsflamme) 2 Ventil zur Hälfte geöffnet 3 Ventil fast vollständig offen 4 Ventil voll geöffnet (Vormischflamme)A—A

Mit der zugeführten Luftmenge kann die Temperatur der Brennerflamme verändert werden. Man unterscheidet zwischen leuchtender, entleuchteter und prasselnder / rauschender Brennerflamme.

Leuchtende Flamme: Bei geschlossenem Luftregler tritt nur an der Brenneröffnung Luft zu, hierdurch verbrennt das Gas unvollständig. Die Flamme ist relativ lang, brennt unruhig (flackert) und leuchtet gelb. Die Temperatur beträgt ca. 600 bis 800 °C.

Entleuchtete Flamme: Sie entsteht, wenn der Luftregler soweit geöffnet wird, dass die Flamme gerade nicht mehr gelb leuchtet. Die Flamme brennt ebenfalls relativ unruhig, ist aber heißer als die leuchtende Flamme.

Rauschende Flamme: bei weit geöffnetem Luftregler beginnt die Flamme zu rauschen und nimmt eine charakteristische Form an. Man erkennt einen hellblauen, kalten (reduzierenden) Flammenkegel, der von dem dunkelblau/rot- orangen, heißen (oxidierenden) Flammenbereich umgeben ist.

Impfösen und –nadeln werden im unteren Bereich des heißen Teils der entleuchteten, rauschenden Bunsenbrennerflamme vor und nach Gebrauch wie folgt sterilisiert:

Ausglühen einer Impföse

Vor Gebrauch:

  • Bunsenbrenner mit nicht leuchtender, prasselnder Flamme gut erreichbar aufstellen
  • Kollehalter am äußeren Ende des Isoliergriffs zwischen Daumen, Zeige- und Mittelfinger nehmen
  • Vorderen, nicht isolierten Teil des Halters zweimal der Länge nach vor und zurück durch die Flamme ziehen, das zweite Mal nach Drehung um ca. 180°. Dabei auf keinen Fall den Isoliergriff in die Flamme bringen und den Halter nicht überhitzen
  • Die in den Halter eingespannte Impföse möglichst steil (ca. 45°) von oben so in den von der Hand abgewandten Teil des Außenkegels der Flamme halten, dass der ganze Draht erfasst wird; die Überwurfmutter soll zwar heiß werden, darf aber nicht glühen!
  • Impföse nicht bewegen und so lange in der Flamme lassen, bis sie in voller Länge glühend geworden ist.
  • Vor der Benutzung die heiße Öse an der Luft, z.B. im Impfösenständer ca. 15 s abkühlen lassen, oder sie durch kurzes Eintauchen in steriles Wasser abkühlen.

(Beim Eintauchen der heißen Impföse in eine Kulturflüssigkeit oder eine Kolonie kann es zum Verspritzen von Zelllmaterial und zur Entstehung eines keimhaltigen Aerosols kommen. Außerdem besteht die Gefahr, dass ein Teil der Zellen durch die Hitze abgetötet wird.)

Nach Gebrauch:

– Öse zunächst im kälteren Innenkegel der Brennerflamme trocknen, und erst dann wie oben beschrieben ausglühen, um ein Verspritzen des restlichen Impfmaterials zu vermeiden.

2.1.3 Sterilisation durch Abflammen

Metallgeräte wie Membranfiltergeräte, Scheren, Pinzetten, Drigalski- Spatel usw.  sowie Glasgeräte wie Glasstäbe werden oft zur schnellen Sterilisation abgeflammt. Die Glasgeräte taucht man vor dem Abflammen in 80%igen Alkohol. Auch die Ränder und Verschlüsse von Kulturgefäßen werden unmittelbar nach dem Öffnen und vor dem Verschließen der Gefäße abgeflammt.

Die Methode ist aber unzuverlässig, da ihre Wirksamkeit nur schwer überprüft werden kann und zudem Sporen kurzfristig einwirkende Temperaturen von 290°C überleben können. Beim Abflammen muss also mit einer Teilsterilisation gerechnet werden.

2.1.4 Sterilisation durch strömenden Dampf

Strömender Dampf wird in so genannten Dampftöpfen (vergleichbar mit Einmachtopf) mit einer Temperatur von knapp 100 °C erzeugt. Diese Methode ist zur Sterilisation von Nährsubstraten, Flüssigkeiten und empfindlichen Lösungen gebräuchlich. Die Temperatur reicht nicht zur Abtötung verschiedener Sporen aus, daher muss eine fraktionierte Sterilisation (Tyndallisation) vorgenommen werden. Dabei wird mehrfach (mindestens 3x) kurzfristig im strömendem Dampf unter Einschaltung einer jeweils 4- bis 24 –stündigen Pause erhitzt. Während dieser Pausen werden die Nährsubstrate u.ä. bei 20 – 30 °C gehalten, um das Auskeimen evt. vorhandener Bakteriensporen zu begünstigen. Die vegetativen Stadien werden dann bei der folgenden Erhitzung abgetötet.

2.1.5 Sterilisation durch gespannten Dampf

Die Sterilisation im gespannten Dampf erfolgt im Autoklaven (Dampfdrucktopf) und stellt die zuverlässigste Form der Sterilisation dar. Sie eignet sich vor allem für Nährsubstrate sowie für Geräte, die eine Erhitzung im Trockenschrank bei 160 – 180°C nicht vertragen. Der Autoklav ist ein Behälter, der gasdicht verschlossen werden kann und in seinem Inneren einen Überdruck von 3 bis 4 bar aushält. Wird in einem solchen Behälter Wasser bis zum Sieden erhitzt, so entsteht über dem Wasserspiegel ein Wasserdampf- Luftgemisch (wegen der eingeschlossenen Luft). In einem solchen Gasgemisch ist der Gasdruck nach dem Dalton´schen Gesetz gleich der Summe der Partialdrücke; in unserem Fall ist also der Partialdruck des Wasserdampfes geringer als der Gesamtdruck und entspricht nicht dem für gesättigten Dampf bei einer bestimmten Temperatur angegebenen Druck. Daher muss die Luft aus dem Autoklaven durch Ausströmen über das Ablassventil entfernt werden. Nur in gesättigtem, luftfreiem Wasserdampf wird bei einem Druck von 1 bar (Überdruck) eine Temperatur von 121°C erreicht.

Auch hier unterscheidet man eine Aufheizzeit, Ausgleich- und Sterilisationszeit. Die reine Sterilisationszeit beträgt im Allgemeinen ca. 20 min bei 121 °C. die gesamte Aufenthaltszeit im Autoklaven richtet sich jeweils nach dem Gefäß mit dem größten Volumen; sie ist Tabellen zu entnehmen.

Beispiele:

Reagenzgläser 8-20 ml 12-15 min
Flaschen/Kolben 5000 ml 55 min
Fermentertopf 10000 ml ½ – 1  h
Erlenmeyerkolben 50 -100 ml 15 min
200 ml 20 min
1000 ml 25 min
2000 ml 35 min

Hinzuzurechnen sind: Aufheizzeit ca. ½ h, Abdampfen 5 min, Druckanstieg 10 min, Abkühlzeit 30 min. Eine Abschätzung der erreichbaren Sterilisation kann entsprechend dem oben verlinkten Wikipedia-Aufsatz zur Sterilisation erfolgen.

Bei der Drucksterilisation ist folgendes zu beachten:

  1. Der Autoklav muss genügend dem. Wasser enthalten. Der Boden des Einsatzkorbes muss bedeckt sein.
  2. Wenn das Wasser kocht, muss durch das geöffnete Ablassventil noch mindestens 5 min lang Dampf entweichen, damit die eingeschlossene Luft vollständig entfernt ist.
  3. Nach der Sterilisation darf das Dampfventil und der Autoklav selber erst geöffnet werden, wenn das Manometer keinen Überdruck mehr anzeigt; sonst tritt Siedeverzug in den Gefäßen ein durch den die Nährsubstrate gegen den Stopfen gedrückt und ausgeschleudert werden (Verbrennungsgefahr!!)
  4. Nicht alle Substrate lassen sich ohne Schädigung drucksterilisieren. So dürfen keine Gelatine- Nährböden und VRB- Agar autoklaviert werden.
  5. Aggressive oder explosive Flüssigkeiten dürfen nicht in den Autoklaven eingebracht werden.
  6. Beim Öffnen des Deckels nach Sterilisation besteht die Gefahr des Verbrühens mit heißem Dampf. Vorsicht!!
  7. stark mit Keimen verseuchte Substrate bedürfen erheblich längerer Sterilisationszeiten, da die Sterilisationszeit von der Keimmenge abhängt. Grundsätzlich frische Medien immer getrennt von zu dekontaminierendem Material sterilisieren!
  8. Große Glasgefäße (Fermentergefäße) lange im Autoklaven abkühlen lassen, sonst Gefahr des Springens durch Hitzespannung./ und Siedeverzugs.

Grundsätzlich die Bedienungsanleitung des Autoklaven vor Benutzung lesen!!!

Bei großvolumigen Gebinden wie Flüssigkeiten in Flaschen ist vom im Innenraum des Autoklaven befindliche Thermometer in ein Referenzgefäß zur Kontrolle der vermutlichen, tatsächlichen Temperatur in der Flüssigkeit Gebrauch zu machen.

Andere Sterilisationstechniken

Chemische Mittel wie 80%iges Ethanol oder 70%iges Isopropanol (Koagulation der Proteine), Detergenzien (Schädigung der Membran), Zephirol (Alkylbenzldimethylammoniumchlorid)

Strahlung z.B. UV- Bestrahlung von Oberflächen (Veränderungen des Erbgutes)