Phasenverschiebung

Phasenerhalt unter rein ohmscher Last [Stand 0.0.1]

Ohmsche Lasten beeinflussen die Phasenlage einer Wechselgröße nicht. Für Betrachtungen in der Technik ist es nützlich, zunächst den Einfluss von Baugruppen auf die Phasenlage von Wechselgrößen unter Beibehalt von Frequenz und Periode zu betrachten. Insbesondere bei Übergängen auf unterschiedliche Materialien kann es zu Änderungen der letztgenannten Parameter kommen (Brechung, materialspezifische, unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeiten elektromagnetischer Wellen …). Die Anwendung eines idealen Graufilters im Strahlengang einer Optik (Licht kann als elektromagnetische Welle betrachtet werden) entspricht der Verwendung eines rein ohmschen Widerstandes im Schaltkreis. Nicht jedes Bauteil, das als Widerstand verkauft wird, verhält sich rein ohmsch. Je nach Bauform und einwirkender Frequenz können Widerstände (Schichtwiderstand) parasitäre Induktivitäten und Kapazitäten aufweisen.

Spannungen addieren sich am Zielort entsprechend ihrer Phase. In der Biologie addieren sich Spannungen am Axonhügel, wo sich in Abhängigkeit von der Höhe entscheidet, ob ein Reiz die Reizschwelle überschreitet und so eine Wirkung auslösen kann. Elektrische Potenziale in der Reizleitung folgen nicht einer Sinusfunktion. Für sie gelten die folgenden Ausführungen nicht 1:1. Da für den Bereich der messenden wie auch der manipulierenden Biologie zumindest die Betrachtungen der klassischen Elektrotechnik gelten liegt der Fokus zunächst auf letzterer.

Zwei Wechselgrößen verlaufen in Phase, wenn sie bei gleicher Periodendauer auch einen gleichzeitigen Beginn der Phase aufweisen oder zumindest die Periodendauer der eine Wechselgröße ein ganzzahliges Vielfaches der anderen Wechselgröße ist und sie entsprechend dieses Vielfachen einen phasengleichen Beginn zeigen.

Mit einer Effektivspannung von 15V, einem Effektivstrom von 10A und einem ohmschen Widerstand von 1,5Ohm ergibt sich bei sinusförmigem Verlauf der Spannung die folgende Situation.

Die x-Achse zeigt hier keinen Zeitverlauf sondern die Phasenlage entsprechend der Sinusfunktion im Bogenmaß. 360° entsprechen 2 π.

Spannung und Strom verlaufen gemeinsam durch den Ursprung und besitzen also die gleiche Periode. Im Beispiel ist die ohmsche Last konstant. Spannung und Strom verlaufen phasengleich.

Die schwarze Linie gibt den Verlauf der Leistung an. Da Spannung und Strom immer gleiche Nulldurchgänge zeigen und somit stets zugleich ein positives beziehungsweise negatives Vorzeichen aufweisen, besitzt das Produkt der beiden Größen stets ein positives Vorzeichen. Verglichen mit dem Verlauf von Strom und Spannung treten Maxima in genau doppelter Frequenz auf. Auch die Leistung ändert sich sinusförmig.

Anatomie einer Phasenverschiebung

Die beiden Graphen zeigen einen um 90° = π/2 verschobenen Verlauf der Phasen bei gleicher Amplitude. Die Phasen der beiden Verläufe weisen einen Phasenwinkel von 90° auf.

Unter der Annahme, die Graphen zeigten den Verlauf von Spannungen, welcher Effektivwert wäre zu schätzen?

Phasenunterschiede von Spannungen ergeben sich beispielsweise bei der Erzeugung von Wechselstrom im Generator. Hausanschlüsse mit Dreiphasenwechselstrom sind üblich. Hier unterscheiden sich die einzelnen Phasen jeweils um 120° oder 2/3 π. Im eigentlichen Sinn handelt es sich um eine zeitliche Verschiebung des jeweiligen Periodenbeginns, die allerdings auch als Phasenwinkel ausgedrückt werden kann.

Dreiphasendrehstrom mit Strangspannungen.PNG
Von n8life – Eigenes Werk (Originaltext: Eigenarbeit), Gemeinfrei, Link

Quellen:

https://et-tutorials.de/6614/phasenverschiebung/

https://de.wikipedia.org/wiki/Phasenverschiebung

Besonders zu empfehlen im Kontext elektrotechnischer Wechselgrößen sind die Tutorials von Wolfgang Bengfort auf ET-Tutorials, seine Videos auf Youtube, von denen einige im Folgenden eingebunden sind sowie seine Bücher „Wechselgrößen und Zeigerdiagramme“ und „Komplexe Zahlen in der Elektrotechnik“. Auch „Elektrotechnik für Ingenieurstudenten Band 2“ von Günter Schmitz kann hilfreich sein, wendet sich dem Titel entsprechend eher an Studierende.

Kapazität im Wechselstromkreis

Im Gegensatz zu ohmschen Lasten beeinflussen Kapazitäten (z.B. Kondensatoren) und Induktivitäten (z.B. Spulen) die Phasenlage von Strom und Spannung. Die Periodendauer bleibt dabei erhalten. Die Addition sinusförmiger Wechselgrößen von gleicher Periodendauer resultiert in einer sinusformigen Wechselgröße unter Beibehalt der Periodendauer.

Kondensatoren stellen die typischen, beabsichtigten, dimensionierten und beschriebenen Kapazitäten im Wechselstromkreis dar. Wie zuvor erwähnt, können abhängig von der Bauform auch Widerstände, Leiterbahnen oder Kabel (Leitungsbeläge) kapazitiv wirksame Elemente bilden.

Unter der Annahme, der Spannungsverlauf stellt die Referenz, also die unabhängige Bezugsgröße, dar, dann benötigt der Kondensator eine Ladung, die ihm über einen Strom zugeführt oder die von ihm abgeführt werden muss, bevor sich seine Spannung ändert.

Es gilt: Beim Kondensator eilt der Strom der Spannung voraus.

Ein idealer Kondensator arbeitet ohne ohmsche Verluste. Reale Kondensatoren besitzen auch einen ohmschen Widerstand. Der Vorlauf des Stroms führt zu einem scheinbar variablen Widerstand, der zeitweilig (oder in Abhängigkeit von der betrachteten Phasenlage) auch negative Werte erhalten kann. Es ist ein effektiver Widerstand der Kapazität zu berechnen.

Die Phasen von Strom (rot) und Spannung (blau) sind um 90° verschoben. Die Vorzeichen von Strom und Spannung sind abschnittsweise gleich und ungleich. Aus diesem Verlauf ergibt sich für den Verlauf der Leistung das folgende Bild.

Die Leistung oszilliert um den Nullpunkt. Die wirksame und damit effektive Leistung verschwindet. Der erzeugende Generator jedoch muss Leistung abgeben. Die scheinbar umgesetzte Leistung wird Scheinleistung genannt. Der scheinbar wirksame Widerstand nennt sich Scheinwiderstand oder (in diesem Fall kapazitive) Impedanz (Wechselstromwiderstand).

Für die Impedanz gelten Zusammenhänge von effektiven Strömen und Spannungen analog zu den ohmschen Verhältnissen. Ueff = XC * Ieff

Spule im Wechselstromkreis

Die einführenden Worte bezüglich parasitärer Kapazitäten und Induktivitäten gelten auch hier. Spulen ist ein Bauelement aus einer (Draht-)Wicklung auf einem Kern, der aus einem magnetisierbaren Material aber auch aus Luft bestehen kann. Sie sind zum Beispiel Bestandteil von Motoren, Relais und Transformatoren. Diese Bauelemente wirken demnach als Spule und besitzen eine induktive Impedanz.

Es gilt: Bei Spulen folgt der Strom der Spannung.

Die Phasen von Strom (rot) und Spannung (blau) sind um 90° verschoben. Die Vorzeichen von Strom und Spannung sind abschnittsweise gleich und ungleich. Aus diesem Verlauf ergibt sich für den Verlauf der Leistung das folgende Bild.

Die Leistung oszilliert um den Nullpunkt. Die wirksame und damit effektive Leistung verschwindet. Der erzeugende Generator jedoch muss Leistung abgeben. Die scheinbar umgesetzte Leistung wird Scheinleistung genannt. Der scheinbar wirksame Widerstand nennt sich Scheinwiderstand oder (in diesem Fall induktive) Impedanz (Wechselstromwiderstand).

Für die Impedanz gelten Zusammenhänge von effektiven Strömen und Spannungen analog zu den ohmschen Verhältnissen. Ueff = XL * Ieff

Zusammenfassend: Scheinwiderstände führen zu Scheinleistung. Der Leistungsverlauf der Scheinleistung im Fall der Kapazität unterscheidet sich spiegelbildlich vom Leistungsverlauf einer entsprechend dimensionierten Spule. Wolfgang Bengfort fasst dies in dem folgenden Video sehr anschaulich zusammen.

Phasenverschiebungen führen zu einer Minderung der Ausnutzung der von einer Quelle Leistung und belasten die Quelle. Die Scheinleistung setzt sich aus Wirkleistung und Blindleistung zusammen.