Atemschutz ausverkauft?

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Von Agnieszka Szeląg

http://www.kul.pl/foto/2/1467_25323.jpg, CC BY-SA 3.0, Link

 

 

Hamster sind possierlichen Tierchen. Sie waren vermutlich nicht am Werk. Sie stehen unter Schutz und sind weder für Lagerung noch Tragen oder Erwerb von Nase-Mund-Schutz-Masken (NMS-Masken) oder Toilettenpapier bekannt.

Das Internet stellt zahlreiche Anleitungen zur Eigenanfertigung von NMS-Masken zum Download oder als Video bereit. Zudem ist das Netz voll von Tipps, zur Verbesserung (Aktivkohlefilter, Fliese …) Nicht alle „Verbesserungen“ halten einer Überprüfung stand. Nachdem das Robert-Koch-Institut das Tragen von NMS-Masken empfiehlt und einige Bundesländer / Städte das Tragen sogar für bestimmte Bereiche vorschreiben, der Schutz aber nicht in ausreichender Menge vorhanden ist, liegt die Umnutzung bestehenden Materials oder die Selbstherstellung nahe. Eine Verifikation des Schutzes ist wünschenswert und hier setzt dieser Beitrag an.

Der eigene Nase-Mund-Schutz

ist in mehrfacher Hinsicht zu verifizieren. Kochfest oder nicht. T-Shirt-Stoff oder fester Baumwollstoff. Nie sah er schöner aus. Bartträger werden sich vom passiven Schutz allerdings vermutlich verabschieden müssen, denn keine Schutz schließt zwischen Maske und Haut auch nur annähernd dicht, wenn ein Rauschebart dazwischen klemmt. Immerhin stellt die Maske auch dann noch einen aktiven Schutz dar, denn die Tröpfchen aus dem Atem möglicherweise Infizierter erreichen niemals die Reichweite, die ohne eine Maske erreicht würde. Bartträger schützen mit ihrer Maske somit ihre Mitmenschen. Ungeklärt bleibt zunächst jedoch, inwieweit sich die Schutzqualität der Ausrüstungen unterscheiden und welchen Einfluss Stoffdichte, Elastizität und weitere Eigenschaften auf die angestrebte Funktion haben.

Zum Schutz werden NMS-Masken mit unterschiedlicher Kennzeichnung der Schutzklassen von FFP-1 bis FFP-3 empfohlen. Die Schutzklassen der Atemschutzmasken richten sich nach ihrer Aufgabe. Es schützt ein Aktivkohlefilterelement in der Maske primär nicht gegen Partikel sondern eher gegen Chemikalien und Geruchsstoffe. Viren sind sehr kleine Partikel, die auch die meisten Sterilfilter passieren können. Corona-Viren haben laut Wikipedia einen Durchmesser von 125nm = 0,125µm. Damit könnte das Virus eine Feinstaubmaske passieren. Sie gehören zu den ultrafeinen Partikeln (UFP). Das Umweltbundesamt hat sich in seiner Schrift „Health Effects of Ultrafine Particles“ dazu geäußert. UFP entstehen bei chemischen Reaktionen und sind auch in Dieselabgasen vermehrt zu finden. Da es für sie noch keine international verbindlichen Grenzwerte gibt, und für die Messung erforderliche Sensorik aufwändig ist, soll eine erste grobe Qualifikation der NMS-Masken mit dem einfach verfügbaren Sensorbestand erfolgen, der den Anteil der in der Luft enthaltenen UFP unterschätzt.

Gedanken zur Verifikation von DIY-Maskenkomponenten

Vor wenigen Jahren startete die Open Knowledge Foundation Deutschland e.V. ihr Feinstaubmessprojekt in Stuttgart. Unter luftdaten.info stellt die Gruppe Messdaten von Feinstaubmessungen aus ganz Europa zur Verfügung. Um die Daten vergleichbar zu halten verwenden alle Freiwilligen, die das Projekt unterstützen den gleichen Aufbau und Sensor.

 

Bei dem Sensor handelt es sich um den Laser PM2.5 Sensor Modell SDS011, die in Deutschland beim gutsortierten Elektronik-Distributor für <30€ zu bekommen ist. Abweichend vom Bauvorschlag des Vereins lässt sich der Sensor auch mit einem ESP32 Dev Kit 1 oder ähnlichen moderneren ESP32-Mikrocontrollern betreiben. Selbstverständlich lässt sich der SDS011 auch an einem Raspberry Pi betreiben.

Wie zuverlässig diese Sensoren arbeiten lässt sich an der aktuellen Europakarte auf Luftdaten.info sehen:

Der Präsentation „Bau dir einen mobilen Feinstaubsensor“ kann man nicht nur Hintergründe zum Thema Feinstaub entnehmen, sie enthält auch einen Link auf die SDS011-Arduino-Library von sleiner auf GitHub, die problemlos unter der aktuellen Arduino-Entwicklungsumgebung läuft und mit dem ESP32 als Prozessor, der mit dem Feinstaubsensor kommuniziert zurecht kommt. Es zeigte sich, dass nicht jede verfügbare Bibliothek ohne weitere Eingriffe mit dem Betrieb des SDS011 zurecht kommt. Im Monitor der Arduino-Entwicklungsumgebung können die aktuellen Sensormesswerte von Partikel (Teilchen) <10µm sowie <2,5µm abgelesen werden.

Moderne Staubsaugerbeutel können erstaunliche Abscheidungseigenschaften für Feinstäube aufweisen. Gerade Werkstätten, die viele harte Materialien flexen oder in Haushalten, die eine Minimierung von alergenem Potential anstreben, müssen Feinstaub quantitativ abscheiden. Was spricht gegen die Verwendung von Fliesmaterial aus den Beuteln dieser Staubsauger als Einlegeflies für selbstgefertigte NMS-Masken?

Recycling des Materials: Die generelle Empfehlung sieht die Verwendung von heiß waschbaren Stoffen für die NMS-Maske vor. Die Stabilität von SARS-assoziierten-Corona-Viren sieht eine Inaktivierung nach einer Behandlung des Materials / Stoffes / der NMS-Maske bei 75°C nach 30 Minuten bzw. nach 60 Minuten bei 65°C. Je nach dem für die Anfertigung der NMS-Maske verwendeten Material ist eine geeignete Temperatur zu wählen, wenn eine Inaktivierung möglicher Viren im Backofen erreicht werden soll. Leider fungieren mehrlagige Stoffe als Isolatoren. Eine überprüfung der für die Inaktivierung eingesetzten Temperaturen ist also zwingend. Die Temperaturkonstanz und der örtliche Temperaturverlauf im individuellen Backofen kann zudem erheblich von der eingestellten / gewählten Temperatur abweichen. Ein Backthermometer wäre eine mögliche Wahl zur Verifikation der erreichten Temperatur. Einfach kann die Verifikation mit einem wasserdichten Temperatursensor DS18B20 wie diesem unter Einsatz von einem Programm-Code wie diesem geschehen. Der Sensor sollte unbedingt wasserdicht sein, damit die Oberfläche seiner Hülle und das zuführende Kabel mit 80%-igem Ethanol desinfiziert werden können. Die Maske wurde vor dem Mund getragen und Corona-Viren sind nicht die einzigen Keime, die es in einem solchen Fall zu töten gilt.

Der Prüfaufbau für die Dürchlässigkeit der fliesverstärkten Maske ergibt sich aus der Bauanleitung von Luftdaten.info. Der Sensor SDS011 saugt die Luftprobe an seiner Ansaugolive in den Sensor und damit in den Laserstrahl und stößt die Luftprobe wieder aus. Auslass und Einlass des Sensors sollten unbedingt dem gleichen Luftdruck unterliegen, weil anderenfalls die Menge der innerhalb eines bestimmten Zeitraums geförderte Luft signifikant von der vorgesehenen Menge abweichen kann. Was zu systematischen Fehlmessungen führt. Der von Luftdaten.info vorgestellte Aufbau kann um einen Rohrlüfter ergänzt werden, der für einen gleichmäßigen Luftstrom sorgt. Unterschiedliche Quelle für Feinstaub für den Testaufbau sind denkbar. Rußende Flammen, definiert in den Luftstrom eingebrachter Schleifstaub … Vor die Verifikation eines Maskenaufbaus und der Verifikation von Zusatzfunktionalitäten von Komponenten ist zunächst der Messaufbau zu verifizieren. Die Streuung der in den Luftstrom und anschließend gemessenen Feinstaubmenge entscheidet über die Verlässlichkeit der angestrebten Aussage.

Ergänzende Anmerkung zur erreichbaren Immunität gegen SARS-Corona-Viren

In ihrem Beitrag „Immunization with SARS Coronavirus Vaccines Leads to Pulmonary Immunopathology on Challenge with SARS Virus“ aus 2012 beschreiben die Autoren die zunehmenden Lungenreaktionen immunisierter Mäuse bei Gabe von Virus nachdem sie gegen diesen Coronavirus zuvor immunisiert wurden. Eine Reaktion, wie er den schweren Verläufen beim Menschen unter Covid-19 ähnelt. Nach einer vorangegangenen Immunisierung zeigten sie Zeichen von Hypersensitivität. Das aktuelle Virus stand damals nicht zur Verfügung, war noch unbekannt. Bei den Versuchstieren handelt es sich um Mäuse. Bei Goldhamstern konnte durch Impfung eine gewisse, zumindest befristete Immunität erreicht werden. Menschen sind keine Mäuse und Menschen sind keine Goldhamster. Fest auf eine erreichbare, dauerhafte Immunität zu bauen erscheint in diesem Licht jedoch vorerst gewagt. Vermeidung von Ansteckung, Unterbrechung von Infektionsketten … mögen eher konservative Maßnahmen sein. Sie sind jedoch akutell schon umsetzbar und wie Beispiele zeigen auch erfolgreich zu implementieren.

Erreichbare Therapieansätze werden vermutlich nicht den Weg über Antikörper nehmen können, ohne die Autoimmunreaktionen zu stimulieren. Zumindest mit den im den durchgeführten Versuchen verwendeten Tierarten erwies sich die vorbeugende Immunisierung als ungeeigneter Weg zur Sicherung der Tiergesundheit, denn die Tiere entwickelten eine Th2-Typ-Immunpathology. Ein alternativer Ansatz führt möglicherweise über speziell angepasste und funktionalisierte Aptamere zur passiven Behandlung. Diese Moleküle enthalten keine Fc-Fragmente und sind bei geeigneter Selektion in der Lage, spezisch und hochaffin zu binden, ohne selbst Immunantworten zu befördern. Ein weiterer Vorteil von Aptameren liegt in der verhältnismäßig gute Skalierbarkeit der Produktion der Moleküle.

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