Klarer Fall von Panspermie?

Von Schokraie E, Warnken U, Hotz-Wagenblatt A, Grohme MA, Hengherr S, et al. (2012) – Schokraie E, Warnken U, Hotz-Wagenblatt A, Grohme MA, Hengherr S, et al. (2012) Comparative proteome analysis of Milnesium tardigradum in early embryonic state versus adults in active and anhydrobiotic state. PLoS ONE 7(9): e45682. doi:10.1371/journal.pone.0045682, CC BY 2.5, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=22716809

Bärtierchen besitzen kein einnehmendes Äußeres, aber sie sind auf dem Planeten Erde beheimatet und ihre Resistenstadien überdauern einen Aufenthalt im Weltall. Plasmid-DNA übersteht den Wiedereintritt aus dem Weltraum und die Landung auf der Erde auf der Außenhaut einer Rakete unter Wahrung ihrer Funktionsfähigkeit (Wo es beim Wiedereintritt in die Atmosphäre bekanntlich ungemütlich warm wird).

Die „nette“ Pilzkolonie in der Petrischale wuchs nicht aus den Karottenexplanaten (Würfel). Oft finden sich Pilze und Bakterien an Pflanzenteilen, die unter sterilen Bedingungen wachsen und Kallus bilden sollen. Die Oberfläche der Pflanzenteile, aus denen das Gewebe für die Zellkultur entnommen wird, lässt sich durch Toilettenreiniger (Natriumhypochlorid) desinfizieren. Dabei stirbt das Gewebe an der Oberfläche des Pflanzenteils ab. Es wird entfernt und nun sollte das verbleibende Gewebe keimfrei sein. Im Fall der Wurzel neigt diese zur Bildung von Seitenwurzeln. Diese brechen durch das Abschlussgewebe hindurch und schaffen so einen potenziellen Infektionskanal. Wäre es hier so gewesen, müsste die Kontamination bei einem Möhrenstück beginnen. Hier wurde demnach nicht ausreichend steril gearbeitet. Könnte es sich sogar um einen der seltenen Fälle von Urzeugung oder Spontanzeugung (auch Autogenese genannt) handeln? Wenig sprich dafür. Zuviele Petrischalen zeigten dies sowie andere Formen der Kontamination. Spezielle Riten erscheinen geeignet, diese Form von Lebensbildung zu mindern oder gänzlich zu unterbinden:

  • Gründliche Oberflächendesinfektion des Arbeitsplatzes ist nur eine geeignete Maßnahme.

Zellkulturleitsätze sind keine starre, unveränderliche Struktur. Sie sind auf die jeweiligen Gegebenheiten wissend anzupassen, um den Erfolg von Gewebe- und Zellkultur zu maximieren. Einige wichtiges Aspekte finden sich in den Leitsätzen nicht wieder: Es gibt sie, die autonome Kontamination. Pappkartons, Staub, Ansammlungen von Vorräten, nicht gereinigte Flächen unter Großgeräten (Kühlschränke, Zentrifugen etc.) können die Heimat von

Von Employee of US Government – http://www.fda.gov/fdac/features/496_alle.html archived, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=515658

Hausstaubmilben und ähnlichem Getier sein. Auch wenn das „Zellkulturlabor“ zunächst milbenfrei sein sollte, sie gelangen innerhalb von Geräten, an Menschen oder mit Verpackungen in jeden Raum. Da sie Helligkeit meiden und ein Übermaß an Feuchtigkeit scheuen, kann eine regelmäßige Feuchtreinigung, die Vermeidung von Ritzen, die Minimierung des Eintrags von Geräten (Handy, Notebook …) für eine gewisse Beschränkung sorgen. Gemeinsam mit ihrem Menschen gelingt ihnen das Queren feuchter Schranken (feuchte Matte mit sterilisierender Flüssigkeit) und die Umkleideschranke auf längere Frist betrachtet sicher. Unter Wahrung der Guten Zellkulturpraxis sollten Formen der „Spontanzeugung“, vermittelt durch diese Eindringlinge, jedoch eine Seltenheit bleiben.

Zell- und Gewebekultur ist sehr zeit- und kostenintensiv. Sie ist ein überaus mächtiges Werkzeug und setzt zum Sprung in die Operationssäle der Transplantationsmedizin an. Kontaminationen mit Mycoplasmen, Fremd-DNA, fremden Zellen und so weiter sind reale Gefahren, die es im Vorfeld zu verhindern gilt. Wie wäre es mit einem Blick in die Neuauflage der Guten Zellkulturpraxis (GCCP)? Neues Wissen, neue Methoden und neue Anwendungsmöglichkeiten, aber auch neue Erkenntnisse zu möglichen Problemursachen machten eine aktualisierte Fassung erforderlich. „Guidance document on Good Cell and Tissue Culture Practice 2.0 (GCCP 2.0)“  Der Link zeigt auf eine Seite, die die GCCP 2.0 als freien Text in Form einer pdf-Datei verlinkt enthält (40 Seiten). Noch wesentlich umfangreicher, aber auch einige Jahre älter ist das Dokument „Guidance Document on Good In Vitro Method Practices (GIVIMP)“ der OECD. Hier wird auch das Umfeld von Zellkultur von den Rollen und Verantwortungen über SOPs bis zu Lagerung und Aufbewahrung von Material und Dokumenten behandelt (200 Seiten).

Die beiden Dokumente beschreiben nicht mit unterschiedlichen Worten denselben Tatbestand (Zellkulturpraxis). Sie ergänzen einander und besitzen eine gemeinsame Schnittmenge. Das OECD-Dokument dürfte vor allem für Planer und Verantwortungsträger wertvolle Hinweise enthalten, während die GCCP 2.0 mitten in die tägliche Praxis des Labors einführt.

Tipp am Rande: Auch wer am Ende mit Zellen von Maus und Mensch hantiert, profitiert von solider Grundlage im Umgang mit der Pflanzenzellkultur. Pflanzenzellen teilen sich langsamer, Kontaminationen dominieren schnell und sichtbar. Prinzipielle Schritte wie Ansetzen von Medien, Vorbereitung von Gewebe, Vereinzelung von Zellen, Passage von Zellen, Beurteilung und Färbung von Zellen und Schnittpräparaten etc. finden sich auf beiden Wegen. Große Unterschiede ergeben sich beispielsweise bei der Kryokonservierung. 3D-Druck von Geweben bleibt derzeit den Zellen tierischen Ursprungs vorbehalten. Die Prüfung eines Versuchs durch Wachstum bis zum adulten Individuum bleibt derzeit noch der Pflanzenzellkultur vorbehalten.

Wer den Regeln in Deutschland genüge tun muss, sollte auch die auf den Seiten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin konsultieren und sich um die Einhaltung der dort präsentierten „Technischen Regeln“ zum Beispiel „TRBA 468 Liste der Zelllinien und Tätigkeiten mit Zellkulturen“ befassen, denn Zellen und viele der verwendeten Medienzusätze sind „Biologische Arbeitsstoffe“ und eine „Technische Regel“ ist einzuhalten, es sei denn, gewichtige Gründe sprechen für einen besonderen, andersartigen Umgang. Leider ist die TRBA 468 satte 219 Seiten lang.

Ein ausführliches Webinar zur Einführung in die „Best Practices for Cell Culture“ findet sich auf den Seiten der ATCC. Wer es gerne schriftlich hat und dem englischen (Fach-)Sprache nicht sicher und schnell genug folgen kann, findet zudem den „ATCC Animal Cell Culture Guide„.

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