Lass‘ ihn besser in Ruhe

Amurtiger-Zoo-Muenster.jpgVon Tuxyso / Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0, Link

Würden Sie ihm beibringen, die Tür des Geheges zu öffnen und ihn dann durch das Gitter mit einem Stock reizen?

Warum sollte man Entsprechendes mit Corona SARS-2 tun?

Das Streifgebiet des sibirischen Tigers mutet mit seinen 3000 km² winzig an verglichen mit der Strecke, die SARS-CoV-2 unerkannt im Rachen von Reisenden zurücklegen kann.

Das Virus verließ seinen ursprünglichen Standort in China und bereist nun den ganzen Globus. Um im Bild zu bleiben, der Tiger ist los! Der spezielle „Tiger“ ist ein sehr anpassungsfähiger solcher. Es steckt in seinen Genen. Für seine Vermehrung ist er auf menschliche oder tierische (z. B. Nerz, Fledermaus, Katze) Mithilfe angewiesen, die er derzeit viel zu reichlich erhält.

Kosten-Nutzen-Abschätzung seiner Bekämpfung? Dann würden die Folgekosten eines falschen Umgangs berücksichtigt, wie er sich nun in technischen Lösungen zur Inaktivierung andeutet. Einige Maßnahmen wären unwirtschaftlich. Kosten und Nutzen, Einhaltung von Regeln und Maßnahmen …. Das in diesem Beitrag zu würdigende Problem ist der technische „Stock“ mit dem der Tiger gezähmt werden soll. Eine Falle (andere technische Lösung) wäre besser.

Der „Stock“: UV-C tut zunächst nicht weh

Mythenmetzsche Abschweifung:

Vorweg ein Wort zur Kompetenz des Autors dieses Beitrags: Er ist Biologe, Endokrinologe, Techniker (Elektro), Strahlenschutzbeauftragter und vieles mehr. Er ist kein Virologe, kein Epidemiologe sondern Wissenschaftsjunkie, der eher alternativen Lösungen denn alternativen „Fakten“ zugeneigt ist. „Wissen schaffen“ heißt auch weitergehende und kritische Fragen an Hypothesen und Ergebnisse zu stellen. Wenn das Bessere des Guten Feind ist, warum sollte das nicht auch für effiziente Lösungen bei der Eindämmung einer Pandemie gelten? Wenn das „Gute“ Schlechtes im Gepäck haben könnte, wie wäre dies zu erklären und zu erkennen?

UV-Licht ist eine elektromagnetische Strahlung wie das sichtbare Licht auch. Mit der Abnahme der Wellenlänge einer elektromagnetischen Strahlung wächst die in ihr enthaltene Energie. Menschen sehen elektromagnetische Strahlung in einem Bereich von 380 nm bis 780 nm. Abnehmend und unterhalb einer Wellenlänge von 380 nm (nach DIN) bis hinunter zu 100 nm nennt man sie ultraviolettes Licht. Diese unterteilt man zusätzlich in (UV-A [380-315 nm], UV-B [315-280], UV-C [280-100]).

Biomoleküle wie Proteine und Chromatin / Erbsubstanz (DNA & RNA) absorbieren Licht in bestimmten Wellenlängenbereichen des UV-C-Lichts besonders gut und sind damit besonders empfindlich gegen Licht speziell dieser Wellenlängen [1]. Mit der Einwirkungsdauer des UV-C-Lichts nimmt die Veränderung von DNA/RNA und Protein zu. Veränderungen von Proteinen an der Oberfläche von Viruspartikeln können die Bindung und Integration von Viruspartikeln in Zellen und damit die Infektion von Zellen verhindern. Veränderungen an der Erbsubstanz der Viren können zu deren Inaktivierung führen. Nicht alle Erreger sind gleichartig empfindlich gegenüber einer derartigen Behandlung.

Prinzipiell lässt sich das Covid-19-auslösende Virus SARS-CoV-2 durch die Einwirkung von UV-Licht zerstören [2].

Der vermutliche Haken?

Von einem viruseigenen Reparaturmechanismus für Defekte an der Erbsubstanz ist nichts bekannt, jedoch nimmt der Grad der Inaktivierung von SARS-CoV-2 mit zunehmender Einwirkungsdauer und Intensität des UV-Lichts zu, wobei eine Kombination aus UV-A und UV-C-Licht signifikant wirksamer war als UV-C-Licht alleine [2].

Für das Gelingen der Infektion ist ein sehr präzises Zusammenspiel zwischen dem S-Protein des Viruspartikels und der zu infizierenden Zelle erforderlich. Diese muss ebenfalls über ein bestimmtes Protein verfügen (ACE-Rezeptor) damit das Virus an die Zelle binden und sich in die Zelle integrieren kann [3]. Verglichen mit dem Vorgängervirus SARS-CoV-1 erfolgt die Bindung wesentlich stärker.

Das Gen für den Aufbau des S-Proteins codiert die RNA des Virus. UV-C-Licht ist geeignet Defekte in der RNA des Virus zu verursachen, diese werden durch das Reparatursystem der Wirtszelle zu Mutationen. Mutationen sind auch ohne den Einfluss von UV-C-Bestrahlung „normal“. Es sind für SARS-CoV-2 unterschiedliche Mutationen beschrieben. Die meisten und zudem eher seltenen Mutationen haben den Verlauf der Pandemie bisher vermutlich kaum wesentlich beeinflusst. Erfolgt eine vollkommene Inaktivierung der Viren, wie sie nach kombiniertem, mehr als neunminütigem Einsatz von UV-A und UV-2 für beschrieben ist [2], gibt es keine Viruspartikel mehr, die infizieren könnten. Eine falsche, weil zu wenig intensive, zu kurze oder mit einer wenig wirksamen Wellenlängenkomposition durchgeführte UV-Behandlung kann zu Mutationen führen. Derartige Ergebnisse sind für Bakterien und Viren lange beschrieben [4, 5, 6]. Mutationen können dabei sogar akkumulieren.

In ihrem News Feature vom 8.9.2020 fragt E. Callaway „The coronavirus is mutating – does it matter“ und kommt zu dem Schluss: SARS-CoV-2 verändert sich langsam und Mutationen können entscheidenden Einfluss haben.

Eine Konditionierung von Raumluft mit UV-C in Luftreinigern muss demzufolge sicherstellen, dass das Virus der richtigen UV-Licht-Kombination über (abhängig von der Intensität) 9 Minuten ausgesetzt wird. Wie sicher ist dies bei üblichen Konstruktionen von Luftreinigern gewährleistet? Reichert eine Raumluftkonditionierungsmethode das Virus an und nimmt ihm die Virulenz nicht vollständig, sondern entlässt einen Teil der UV-bestrahlten Viruspartikel in infektionsfähiger Form, dann steigt das Risiko von Mutationen exponentiell.

Das Problem der Reinfizierbarkeit mit SARS-Co ist noch nicht befriedigend geklärt [8]. Das Risiko der Entstehung neuer Linien des Virus, die dann möglicherweise durch eine Impfung nicht (mehr) erfasst werden, die weitere/andere Infektionswege als SARS-CoV-2 nutzen werden, steigt mit einer wachsenden Zahl von Mutationen.

Schlussfragen:

Wäre ein Einfangen und Abreichern von Viruspartikeln aus der Raumluft mit anschließendem oder begleitendem Finalisieren der Viren möglicherweise der sicherere Weg? Wäre es nicht sicherer, auf Wege der Inaktivierung zu verzichten, die das Virus zu größerer Aggressivität anregt?

Quellen:

[1] „Molecular Mechanisms of Ultraviolet Radiation-Induced DNA Damage and Repair“, R.P. Rastogi et al.; J. Nucleic Acids 2010:592980;  doi: 10.4061/2010/592980

[2] „Susceptibility of SARS-CoV-2 to UV irradiation“, Christiane Silke Heilingloh et. al, Amarican Journal of Infection Control. https://doi.org/10.1016/j.ajic.2020.07.031

[3] „The sprint to solve coronavirus protein structures – and disarm them with drugs“, M. Scudellari; Nature 581, 252-255 (2020);  doi: 10.1038/d41586-020-01444-z

[4] „Mutation accumulation under UV radiation in Escherichia coli“. Atsushi Shibai et al nature, science reports; https://www.nature.com/articles/s41598-017-15008-1.pdf

[5] „Cell Survival and Shuttle Vector Mutagenesis Induced by Ultraviolet B Radiation in a Human Cell Line“, Caroline Robert et al., J. Invest Dermatol 106:721-728, 1996; https://www.jidonline.org/article/S0022-202X(15)42520-5/pdf

[6] „Direct an indirect effects of ultraviolet light on the mutagenesis of parvovirus H-1 in human cells“; The EMBO Journal Vol.1 No. 6 pp.693-699, 1982; https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC553270/pdf/emboj00298-0038.pdf

[7] „The coronavirus is mutating – does it matter“ Ewen Gallaway, nature; https://www.nature.com/articles/d41586-020-02544-6

[8] Coronavirus reinfections: threee questions scientists are asking“, Heido Ledford, nature, https://www.nature.com/articles/d41586-020-02506-y

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