Arduino – klassisch betrachtet

Der Titel „Mikrocontroller“ liest sich vielversprechend. Das Titelbild zeigt im unteren Bereich einen Arduino UNO R3, wie er 2010 veröffentlicht wurde. Es gab einen echten und berechtigten Hype um dieses Board, das seinen Zenith schon etwas überschritten haben dürfte. Warum also in 2019 eine Werk für die Lehrerfortbildung für etwas, was heute in den Augen vieler Jugendlicher mit gutem Willen als „historisch“ anzusehen ist?

Dagegen spricht:

  • RaspberryPi, ESP32 und viele andere – weniger bekannte Plattformen – sind moderner, leistungsfähiger.
  • Die Arduino-IDE entspricht nur bedingt den Nutzungsgewohnheiten junger Menschen.
  • Ein Computer (Notebook, Desktop …) ist unverzichtbar beim Umgang mit dem Board.
  • Grenzen des Umsetzbaren sind für Ambitionierte möglicherweise, bedingt durch die Hardware, schnell erreicht.
  • Die Brücke des Arduino UNO R3 zum Lieblingsspielzeug (Smartphone) verlangt Umwege.
  • Das Board ist im Original kein Schnäppchen.

Dafür und für dieses freie Stück Bildung in Buchform:

  • Das Buch und der Arduino UNO R3 sind gut verständlich, logisch und klar strukturiert aufgebaut.
  • Auch wenn das Werk eher behutsam und langsam voranschreitet, die jeweiligen Ziele sind gut erreichbar und geben einen Kompetenzbaukasten an die Hand. Physik, Grundlagen von Gleichstromtechnik vermitteln sich so en passant.
  • Statt Nebelkerzen immer weiterer, implementierter Features setzt das Arduino-Konzeot auf Erweiterbarkeit. Für Anfangende unterschiedlicher Niveaus kann das nur nützlich sein. Immerhin hat das Buch Lehrende ebenso im Blick wie junge Lernende. Beide Gruppen eint oft eine erschreckende Technikferne.
  • Ein geradezu geniales Werkzeug des Arduino ist seine Entwicklungsumgebung. Diese ist frei und offen. Sie ist so offen, dass das Programmieren eines ESP32 damit ebenso leicht von der Hand geht wie die eines der vielen Arduino-Familienmitglieder. Mit dem ESP32 stehen dann neben den vom Arduino UNO R3 her bekannten Fähigkeiten noch zahlreiche weitere, viel mehr Speicher, höhere Geschwindigkeit, Smartphoneanbindung … zur Verfügung, ohne dass um- oder neu-gelernt werden müsste. Leider gibt das Buch diesen Auslick nicht.
  • Die Erweiterbarkeit, viele erprobte Baugruppen, freie Anleitungen und Codes … auch die Vernetzbarkeit des Systems schafft ungenahnte Möglichkeiten zur Skalierung, was weit jenseits des Horizonts des Buches aber nicht der Hardware liegt.
  • Im Original kein Schnäppchen – und jede(r) sollte mindestens eines kaufen – ist ein Arduino-Klon für deutlich weniger als 10 Euro zu erhalten.
  • Der Arduino UNO R3 ist robust und pflegeleicht, nimmt nicht so leicht übel. Gerade deswegen eignet er sich für erste Versuche so gut.

Das oben beschrieben „Buch“ mit etwas mehr als 100 Seiten ist ein Begleitheft. Es enthält zudem Aufgaben zur Kontrolle des Verständnisses. Autoren sind Ann-Kathrin Winter und Lisa Rieck. Es wird vom MINT-Teacher Lab der Universität Stuttgart herausgegeben, wo auch das Lösungsheft wie auch Materialien anderer Themen zu finden sind.

https://www.ife.uni-stuttgart.de/bpt/Mint-Teacher-Lab/Downloads.html

Bewertung:

Man wünscht sich mehr Weiterbildung in relevanter Naturwissenschaft, Mathematik und Technik für lehrendes Personal. Dem Buch wünscht man mehr Anwendungsbezüge, eine noch stärkere Vernetzung und Nutzung von Zusatzmaterial. Andererseits ist es knapp gehalten und vielleicht ergibt sich ja eine Fortsetzung. Zu wünschen wäre es. Der Einsatz von Mikrocontrollern im Physikunterricht sind keine Seltenheit mehr. Die Biologie und die Chemie hätten viele Aufgabenbereiche, die mit solcher Hilfe wesentlich leichter zu erschließen wären. So jedenfalls liest es sich allenfalls „gut gemeint“:

„In Wasserfindet auch eine ProtolyseReaktion statt, wenn sich das CO2 aus der Luft als Kohlensäure im Wasser löst. Dies trägt ebenfalls wenn auch gering zur Leitfähigkeit des Wassers bei. Aber auch durch den GrotthußMechanismus, also dem Aufbrechen und Neubilden von Wasserstoffbrückenbindungen, wird Wasser leitfähig.“ Zitat von Seite 68.

„Umsonst“ heißt nicht, bloßes Herunterladen des Materials sorgt für Bildung. Auch wenn Schwächen erkennbar sind, zeichnet sich das Material durch noch zahreichere Stärken aus.

Meiner Meinung nach lohnen ein erster und zweiter Blick in das Material.

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