… eine Analyse und einige Lösungen.
Das neue ApolloX(TM) von FormFutura haftet gut auf Kapton und Glas. So weit, so zu gut. Es haftet nicht nur. Es „ver-haftet“ sich bei unvorsichtigem Gebrauch.
Der obige Ausdruck ist Teil eines Gehäuses für den Raspberry Pi 3, das dem Thingiverse als Ding 922740 entnommen ist. Speziell ist dies die Bodenplatte. Mit einer Kantenlänge 11 x 11 cm² zeigen sich Probleme zu starker Anheftung besonders deutlich, da eine große ebene Grundfläche dem Glas aufliegt.
- Haftende Druckergebnisse ließen sich in der bisherigen Praxis wie folgt vom Glas lösen:
- Heizbett und Glas bis auf Raumtemperatur abkühlen lassen. Die unterschiedlichen Wärmedehnungskoeffizienten sorgen für ein lösen des Druckgutes vom Heizbett. (Idealfall)
- Pressluft an der Basis des anheftenden Druckgutes einblasen.
- Glasplatte vom Heizbett nehmen und mit anhaftenden Druckergebnis von der Rückseite der Glasplatte mit möglichst kaltem, fließenden Wasser kühlen, während das Druckerzeugnis noch etwas erhöhte Temperatur hat.
- Sich lösende Bereiche sind von der Unterseite der Glasplatte her durch eine leicht milchige / hellere Farbe als das stark haftenden Druckgut zu erkennen. Von lockeren Bereich her kann mit einem abgerundeten, flachen Spachtel versucht werden, die haftenderen Bereiche zu lockern.
- Hilft keine der vorgenannten Maßnahmen, heizt man das Druckbett bis zur Erweichungstemperatur des Filaments auf und versucht eine Wiederholung der Spachtelmethode.
Im vorliegenden Fall half keine Methode. Beim zuvor gedruckten Teil sprang flacher Glassplitter vom Glas des Druckbettes ab. Dies war auch der Grund für die hier beschriebene Untersuchung.
Die obige Abbildung zeigt dunkle, stark haftende Flächen neben den schon gelösten, etwas milchig erscheindenden Flächen des Druckgutes.
Die Analyse
Das Bauteil mit Schürze soll laut Repetier-Host 1.6.2 der obigen Abbildung entsprechen.
Schon beim Druck der ersten Schicht macht sich ein klackendes, stoßendes Geräusch im Bereich des Extruders bemerkbar. Die erste Druckschicht weist Bereiche mit geringem Filamentauftrag auf.
Das klackende Geräusch entsteht beim Ansetzen zum Druck eines neuen Bereiches. Nach jedem Zurückziehen (Retraktion) des Filaments wird Filament in Richtung Extruder bewegt und kann ihn aber nicht verlassen, weil der Extruder zu dicht auf dem Glas Heizbettes hängt. Der direktantreibende Schrittmotor wird blockiert.
Beim Druck der folgenden Schichten bleibt der Extruder „stumm“ wie er soll. Der Auftrag der Schichten erfolgt gleichmäßig. Die Blockade des Extrudermotors liegt also nicht an einem zu schwach eingestellten Treiberstrom.
Der fertige Druck entspricht in etwa der Vorschau der Repetier-Software. Die vielen Fäden sind eine Eigenschaft des ApolloX(TM)-Filaments, den in dieser Menge tauchten sie weder bei ABS noch bei PLA auf. Sie lassen sich jedoch sehr leicht vom fertigen Druckobjekt entfernen.
Lösungsvorschläge und Optimierung
Zunächst sollte das Heizbett möglichst exakt nivelliert sein. Wer keine Messuhr zur Verfügung hat, begnügt sich mit einem Blatt Papier mit 80 g/m². Der Extruder sollte an allen 4 Ecken des Druckbereiches so dicht über dem Druckbett positioniert sein, dass das Papier gerade etwas rau unter dem Extruder hindurch gezogen werden kann.
Dies entspricht in etwa einer günstigen Höhe für die erste Schicht, wenn diese mit 200 µm angegeben wird.
Die satte Färbung des aufgetragenen Filaments sowie der gleichmäßig breite und dicke Verlauf der Schürze verspricht schon an dieser Stelle ein gutes Ergebnis. Ein Blockierklopfen des Extrudermotors sollte nicht mehr zu hören sein.
Der gleichmäßige Boden (hier oben positioniert) zeigt keine Beschädigungen. Der frisch gedruckte, noch etwas warme Gehäuseboden ließ sich erwartungsgemäß nicht einfach von der Glasfläche lösen. In diesem Fall wurde ein -20°C kalter Kühlakku mit etwas Wasser beschichtet und die etwa 40°C warme Glasplatte so darauf gelegt, dass die Wasserschicht einen maximalen Formschluss und damit eine maximale Wärmeübertragung garantierte. Alsbald stellt sich das erwartete Knister- und Knackgeräusch ein und der Gehäuseboden ließ sich problemlos vom Glas nehmen.
Nach minimaler Nachbearbeitung durch ein Cuttermesser waren nicht nur die Fäden entfernt; der Raspi 3 passt auch perfekt in sein neues Gehäuse. Platz für die Durchführung der Folienleitung für die NoIR-Raspi-Cam und gegebenenfalls Anschlüsse auf der IO-Leiste sieht der Gehäuseentwurf schon vor. Damit steht dem Einsatz des Raspi als Repetier-Server nicht mehr im Weg.
Vorteile des Materials
Das Apollox-Filament druckt Überhänge klaglos auch ohne Stützstrukturen. Während des ganzen bei einer Extrudertemperatur von 235°C stattfindenden Drucks lief der Lüfter bei 40%. Der Drucker war ein Vellemann K8200 mit direktgetriebenen Extruder und der z-Achsen-Optimierung. Die Öffnung des Extruder beträgt 0,3 mm. Die erste Schicht wurde mit 200 µm und alle weiteren Schichten mit 150µm gedruckt. Die beiden Gehäuseteile des Biomassesensors werden im gezeigten Beispiel um 180° gedreht parallel gedruckt. um den Druck von Überhängen beurteilen zu können. Der hintere Ausdruck in der obigen Abbildung zeigt das Schließen einer Öffnung.
Die oben genannte nach unten geöffnete Vertiefung erscheint im um 180° gedrehten Bauteil nach oben geöffnet. Eine leichte Fadenbildung ist unverkennbar.
Der Vergleich der vom Druckbett gelösten Bauteile lässt am hinteren Bauteil (welches nun mit der ehemalige Haftfläche nach oben gezeigt wird) kaum Fäden oder Einsinkungen der hängend gedruckten Bereiche erkennen. Das hintere Bauteil zeigt neben der hinteren linken Öffnung für die Schrauben einen kleinen Ausriss der Fläche, also eine nicht vorgesehene Öffnung in das Bauteil hinein. Sie entstand beim Ablösen der Teile vom Druckbett. Diese Bauteile entstanden vor dem zuvor beschriebenen Druck des Bodenteils vom Raspi-Gehäuse, also mit zu geringem Abstand des Heizbetts vom Exxtruder beim Druck der ersten Schicht.
- Das ApolloX(TM) ist teurer als derzeit erhältliches ABS oder PLA vom gleichen Anbieter.
- Gegenüber Lösungsmittteln verhält es sich dem ABS ähnlich. Seine Hafteigenschaften auf dem Druckbett sind ungleich besser als bei ABS und werden bei niedrigeren Temperaturen des Heizbetts erreicht.
- Viele Überhänge lassen sich ausgezeichnet auch ohne Stützstrukturen realisieren.
- Die Drucke sind sehr maßhaltig uns zeigen tatsächlich kein auffälliges Warping.