3. Einführungsversuche
Unsere Umgebung enthält viele verschiedene Keime, die u.a. an den Staubpartikeln der Luft anhaften, an Türklinken, in Handtüchern, im Mund auf unserer Haut usw. anhaften.
Luftkeime:
Grundsätzlich ist jeder Staub, der innerhalb von Räumen zu der Staubpartikelzahl, etwa jedes 100ste Grobstaubteilchen enthält einen oder mehrere Mikroorganismen. Die genannten Bakterien stammen fast ausnahmslos aus dem Erdboden und zum geringen Teil von Wasseroberflächen. Sie werden von dort durch Luftströmungen abgerissen und schweben bei entsprechender Feinheit der Teilchen verschieden lange Zeit umher. Staub in der Größenordnung von 1 µm setzt sich z.B. bei völliger Luftruhe erst nach Stunden bzw. bei geringen Windgeschwindigkeiten von mehr als 4-5 m/s; auch von glatten, festen Oberflächen lassen sich Keime nur mit höheren verstäuben.
Innerhalb von Räumen findet man keine so hohen Geschwindigkeiten (ohne Lüftung etwa 0,01 m/s), doch erzeugen hier häufig Gewalteinwirkungen wie Kehren, Klopfen oder Reiben die Abschilferung von Staubpartikeln. Dieser keimhaltige Staub kann durch minimale Luftströme aufgewirbelt werden. Er bleibt dann stundenlang in der Raumluft schweben. Diese ist deshalb unter normalen Bedingungen immer keimhaltig, wobei die Konzentration der Mikroorganismen von der Anzahl der im Raum befindlichen Personen und der Art der Tätigkeit abhängt. Die Menge der Keime liegt meist in der Größenordnung von 100 – 2000 Bakterien / m³.
Hieraus folgt, dass das trockene „Staubwischen“ häufig eine sinnlose Maßnahme darstellt, weil dabei die Masse des keimhaltigen Staubes nur aufgewirbelt wird, um bis zum Abend teilweise wieder zu sedimentieren.
In der Außenluft liegt die Keimzahl i.d.R. eine Zehnerpotenz niedriger als in unseren Räumen. Hier wirkt nicht nur die Austrocknung, sondern auch die UV-Strahlung auf die Keime der Luft inaktivierend. Während die nicht adsorbierten Versuchskeime in kürzester Zeit abgetötet werden, bleiben die an Staubteilchen angelagerten und damit geschützten Bakterien tagelang lebensfähig. Eine Vermehrung ist natürlich ausgeschlossen, da die Voraussetzungen für den Stoffwechsel fehlen (Keine Nährstoffe, und geringer Wassergehalt der Luft).
Krankheitserregende Keime finden sich vorzugsweise in der Luft von Wohnungen und Arbeitsräumen, während ihr Nachweis in der Außenluft praktisch nicht gelingt. Sie stammen nahezu ausnahmslos von der Haut und aus den Atemwegen von Mensch und Tier.
Keimbesiedlung und -abgabe durch den Menschen:
Quelle | Keimzahl |
Fingerkuppe | 20 – 100 Keime / cm² |
Handfläche | 1000 – 6000 Keime |
Einmal Niesen | 104 – 106 Keime |
1 ml Speichel | 106 – 108 Keime |
1 ml Nasensekret | 106 – 107 Keime |
Nach ihrer Lebensfähigkeit im Staub können wir grob unterscheiden:
- Krankheitserreger, die in trockenem Staub nicht existieren können wie Pasteurella pestis, Haemophilius influenzae, Bordella pertussis (Keuchhusten), Meningokokken, Spirochäten (z.B. Borrelia- Arten von Zeckenübertragbar), Masernviren
- Krankheitserreger, die verstäubbar sind und eine Infektionsgefahr darstellen: Corynebakterium diphteriae, Staphylokokken (u.a. Eitererreger), Varizellenerreger (Windpocken), Pockenvirus, Schimmelpilze und alle Sporenbildner
Keime der Luft können auf sogenannten Fangplatten nachgewiesen werden. Sterile Nährbodenplatten werden der keimhaltigen Luft ausgesetzt und bebrütet. Die lebensfähigen Keime wachsen zu Kolonien aus, die makroskopisch sichtbar sind.
Auch auf Gegenständen des täglichen Gebrauchs, auf unserer Haut und in uns sind viele verschiedene Mikroorganismen. Unter den vielen nützlichen MO sind aber auch viele Krankheitserreger und Keime, die Lebensmittel verderben können. Diese Keime kann man (im Gegensatz zu den Luftkeimen) als Kontaktkeime bezeichnen.
Einige MO haben bestimmte Lebensräume, z. B. typische Darmbewohner wie E. coli, Enterococcen. Treten diese an anderer Stelle auf (Türklinken, Lebensmittel, Trinkwasser), so kann man von einer Verunreinigung ausgehen, die auf mangelnder Hygiene beruht.
Kontaktkeime können auf sogenannten Abklatschplatten durch Abtupfen der betreffenden Oberflächen mit sterilen Tupfern und anschließendem Aufbringen der Tupfer auf Agar kultiviert werden.
Um eine eventuelle Voraussage über bestimmte Krankheitserreger (pathogene Keime) zu machen, müssen spezielle Nährböden verwendet werden. Darauf werden wir in diesem Einführungspraktikum verzichten, in dem es um allgemeine Erhebung von sog. Gesamtkeimzahlen geht.
Durchführung:
Zunächst müssen Agarplatten (pro Person 6) gegossen werden. Die fertigen Agarplatten können kühl aufbewahrt werden. Der Ansatz für den Nährboden kann Gruppenweise erfolgen (z.B. 500 ml NA bei 95°C auflösen, in Portionen in kleinere Erlenmeyerkolben abfüllen und autoklavieren). Jeder gießt seine Platten selbst aus. Ist der Agar erstarrt, werden die Platten wie folgt eingesetzt:
- Eine Platten für Luftkeime: Die Platten sollen folgendermaßen behandelt werden: Platten unterschiedlich lange (10 und 20 min) geöffnet an einem beliebigen Ort (Labor, Toilette, Parkplatz, Vorratsräume, u.ä.) auslegen. Anschließend werden die Platten mit Parafilm verschlossen, da pathogene Keime enthalten sein könnten (Infektionsgefahr) und auf dem Kopf stehend, d.h. Deckel nach unten, bei Raumtemperatur ca. 1 Woche bebrütet. Beschriftung nicht vergessen.
- Zwei Platten für Kontaktkeime: dazu eignen sich Fingerabdrücke z.B. vor und nach dem Händewaschen, Tupferproben von Türklinken (mit sterilem Wattebausch eine Türklinke abwischen und auf der Agaroberfläche verstreichen) oder ähnliches. Die Platten werden mit Parafilm verschlossen und bebrütet (s.o.). Inkubationszeit : 96 h bei Zimmertemperatur.
- Die übrigen 3 Platten werden aufgehoben und im folgenden Praktikum verwendet. Es werden Kolonien der bebrüteten Platten mit einem einfachen Ausstrich und einem fraktionierten Ausstrich überimpft.
Auswertung:
- Auszählen und Beschreiben der Kolonien
- Zeichnerische Darstellung der Platte mit der Verteilung der Kolonien,
- Bestimmen der Kolonien, Vergleich der Platten.
- Versuchsergebnis in Form einer ausführlichen Dokumentation, evt. Literaturrecherche zu den gefundenen Kolonien, abgeben.
Aufgabe:
- Stellen Sie mit Hilfe der Fang- und Abklatschtechnik mehrere Präparate her. (Nährboden ansetzen, sterilisieren, in Platten ausgießen, evt. weiteres Material (Wattestäbchen, sterile Saline) sterilisieren). (2-3 Platten) Nach Bebrütung der Platten werden die Keime beschrieben und evt. fotografiert.
- Führen Sie von den Kolonien Ihrer Platten je einen normalen Ausstrich und verschiedene Verdünnungsausstriche an. (2-3 Platten).
Hinweise zur Auswertung von Fang – und Abklatschplatten
Die auf die Agarfläche gefallenen bzw. aufgebrachten Keime entwickeln verschieden gefärbte und gestaltete Kolonien. Die Koloniemerkmale sind im Folgenden aufgeführt:
- Farbe: wasserlösliche Farbstoffe diffundieren aus der Kolonie in den Agar. Zellgebundene Farbstoffe verbleiben in der Kolonie.
- Konsistenz: (kann mit einem spitzen Gegenstand geprüft werden) schleimin – viskos; knorpelig zäh; bröckelig oder watteartig; wattig und am Rand fädige Strukturen
- Kolonienrand: glattrandig; unregelmäßig gelappt; gefanst, haarlockenartig (Bacillus cereus) wattig und am Rand fädig (Pilze)
- Transparenz: Kolonie durchsichtig; Kolonie undurchsichtig
- Oberfläche: glatt – glänzend (kapselbildende Bakterien); rau – stumpf (nicht kapselbildende Bakterien) faltig – wattig (Pilze)
- Profil (Lupe): flach; knopfförmig; erhabener Rand, flaches Zentrum
Hier fehlt eine Abbildung zu den Wuchformmerkmalen von Bakterienkolonien
Grundsätzlich ist zu bemerken, dass Mikroorganismen durch Koloniemerkmale allein nicht identifizierbar sind!
Es müssen zusätzlich weitere morphologische (Mikroskop), physiologische und biochemische Merkmale (s.weitere Praktika) ermittelt und hinzugezogen werden. Außerdem ändern sich die Koloniemerkmale auch mit dem Medium. Eine grobe Einteilung ist aber dennoch möglich. Es lassen sich drei Gruppen von Mikroorganismen aufgrund der Koloniebildung unterscheiden:
- Schleimig glänzende, erhabene, glattrandige Kolonien, die weiß, gelb, rosa-rot pigmentiert sind: Bakterien
- Kolonien mit strahligem Rand, locker und wattig, Mycel mit gefärbtem Zentrum: Schimmelpilze
- Sehr kleine, raue, kreidige, weißgraue oder pigmentierte Kolonien, erdiger Geruch in der Platte: Actimomyceten
- Schleimig glänzende Kolonien ähnlich der Bakterien aber häufig größer; matt gelb – rot: Hefen
Häufige Keime auf Fangplatten:
Schimmelpilze: wattig am Rand fädig
Aspergillus niger | Schwarze Konidienstände, Gießkannenschimmel |
Mucor mucedo | Sehr lockeres Luftmycel aus weißen Hyphen mit vereinzelzelt schwarzen Konidienträgern, Köpfchenschimmel |
Penicillium | Weißes oder farbiges dichtes Luftmycel, Pinselschimmel |
Bakterien:
Streptomyceten | Kleine Kolonien mit kreideartig rauer Oberfläche, bröckelige Konsistenz, Strahlenpilze verbreiten Erdgeruch, unter ihnen viele Antibiotikabildner |
Bacillus subtilis | Kolonie mattglänzend, runzlig, undurchsichtig, unregelmäßiger Rand, weiß – graubraun (Heubacillus) |
Bacullus mycoides/cereus | Kolonie mattglänzend, undurchsichtig, weiß, wurzelförmige Ausläufer (Wurzelbacillus) |
Pseudomonas (häufig fluorescens) | Kolonie glattrandig, gelblich – weiß, Oberfläche glänzend, bildet gelbgrün/blaugrün fluoreszierende Pigmente, die in den Nährboden diffundieren (Fluorescenz im UV- Licht |
Micrococcus luteus | Kolonie schwefelgelb, rund, erhaben, glatt, glänzend |
Micrococcus roseus | Kolonie rosa/orange, glatt, glänzend |
Streptococcus salivarius | Kolonie rund, glänzend, weiß – weißgrau |
Serratia marcescens | Kolonie rund, glänzend, blutrot |
Chromatium lividum | Kolonie rund, erhaben, violett – schwarz |
Hefen: glatt oder faltig
Rhodotorula rubra | Erhaben, rot/orange, glänzend, groß, glatter Rand |
Candida spec. | Weißlich mit faltigem Zentrum, gelappter Rand |