Nährmedien

2.2 Herstellung von Nährmedien

Mikroorganismen werden auf bzw. in festen oder flüssigen Nährböden kultiviert. Nährböden für Mikroorganismen müssen in Bezug auf Nähr- und Wirkstoffe, auf ihren pH-Wert (Bakterien 6-8, Pilze 4-6) und ihren Sauerstoffgehalt (aerob, anaerob) den Bedürfnissen der zu kultivierenden Organismen entsprechen. Sie müssen Wasser enthalten, da MO Substanzen /Nährstoffe nur in gelöster Form über die Oberfläche aufnehmen können. Daneben müssen die Nährböden auch die Anforderungen erfüllen, die die Mikrobiologie an ihre Handhabung und Haltbarkeit stellt.

Die Grundlage aller Nährböden ist eine Lösung von assimilierbaren organischen Substraten und anorganischen Ionen. Diese ist wesentlich konzentrierter als am natürlichen Standort, damit die Wachstumsgeschwindigkeit und –dichte erhöht werden. Kein Nährboden erfüllt die Anforderungen sämtlicher Mikroorganismen! Jeder Organismus stellt besondere Ansprüche; die Mehrzahl der MO ist allerdings in der Lage, auf sog. Komplexen oder natürlichen Nährmedien (s.u.) zu wachsen. Spezialisten benötigen dagegen oft außerordentlich vielfältige Zusätze oder aber besonders „magere“ Substrate. Oft sind die genauen Ansprüche eines Mikroorganismus an den Nährboden noch gar nicht bekannt.

Es wird unterschieden nach der Zusammensetzung und Herkunft der Komponenten zwischen:

  1. komplexen (natürlichen ) Nährböden: sie enthalten Naturprodukte oder aus ihnen gewonnene Substanzen; ihre Zusammensetzung ist nicht immer genau definiert und identisch; komplexe Nährmedien sind oft „Vollmedien“, d.h. sie enthalten alle Nährstoffe im Überschuss.
  1. synthetische Nährböden: sie bestehen aus chemischen Verbindungen und haben eine genau definierte Zusammensetzung; i.d.R. sind diese Nährböden „Minimalmedien“, d.h. sie enthalten alle Nährstoffe in der minimal notwendigen Konzentration und erfüllen nur die Minimalansprüche der MO.

Es wird differenziert nach der Verwendung zwischen.

  1. allgemeinen (kollektiven) Nährböden; sie genügen den Nährstoffansprüchen der meisten Arten
  2. speziellen (selektiven) Nährböden; sie besitzen eine besondere Zusammensetzung, die den Ansprüchen bestimmter MO bzw. einer bestimmten MO- art genügt, nur diese MO bekommen zur Entwicklung und werden isoliert und angereichert.
  3. Indikatornährböden /Elektivnährböden; enthalten Indikatoren (z.B. pH- Indikatoren), mit denen spezielle Stoffwechselleistungen von MO nachgewiesen werden können.

In den Nährböden dient als Kohlenstoffquelle meist Cellulose oder Saccharose. Zur Anreicherung werden häufig Proteinhydrolysate zugesetzt, die gleichzeitig auch Stickstoffquelle sind. Diese Hydrolysate enthalten Polypeptide, Dipeptide und Aminosäuren, also leicht lösliche, assimilierbare Bausteine organischen Ursprungs sowie Spurenelemente.

Durch Säure- oder enzymatische Hydrolyse von Rind- und Fischfleisch, Fischmehl, Casein, Gelatine, Erdnussmehl, Sojabohnenmehl, Baumwoll- oder Sonnenblumensamen oder auch von Mikroorganismen selbst entstehen Hydrolysate wie z.B.:

Caseinhydrolysat Hydrolyse von Casein durch HCl, enthält Aminosäuren, Vitamine, NaCl
Caseinpepton durch pankreatische Verdauung gewonnenes Pepton aus Casein; enthält Aminosäuren besonders Tryptophan
Fleischpepton Pepton aus tryptisch (Trypsin) verdautem Fleisch; reich an C- Quellen (Laktat), hoher Schwefelgehalt

Besonders wertvolle Zusätze sind die Extrakte aus Fleisch, Malz und Hefe, die reich an Protein- und Nukleinsäurebausteinen, an Spurenelementen und Vitaminen sind, wie z.B.:

Fleischextrakt wird aus sehnen- und fettfreiem, enzymatisch vorverdautem Muskelfleisch gewonnen und sollte fast frei von Kohlenhydraten sein; enthält N- Verbindungen, Mineralstoffe, B- Vitamine
Malzextrakt wird aus Gerstenmalz gewonnen, dieses entsteht bei der Keimung der Gerste durch die Wirkung von Amylasen, die die Reservestärke des Getreidekorns vorwiegend zu Maltose abbauen (meist bei saurem pH-Wert für Hefen und Schimmelpilze verwendet); hoher Kohlenhydratanteil, wenige Proteine, hoher Kaliumgehalt
Hefeextrakt wird aus autolysierter Hefe (Bier- oder Bäckereihefe) hergestellt; er ist besonders reich an Vitaminen der B- Gruppe, aber auch an Nukleinbausteinen, Aminosäuren und Peptiden

Die Extrakte sind unter Erhitzung gewonnene wässrige Auszüge, die anschließend zu einem Pulver eingedampft werden.

Sind in den komplexen Nährböden die anorganischen Komponenten noch nicht in ausreichendem Maße vorhanden, so müssen besonders NH4+,PO43-, Mg 2+, SO4 2-, Ca 2+, K+, und Na+ zugesetzt werden. Als Spurenelemente sind Mn, Mo, Fe, Co und Cu wichtig.

Zur Abpufferung eines Mediums werden meistens in größerer Menge KH2PO4 bzw. K2HPO4 zugesetzt. Komplexmedien besitzen aufgrund des amphoteren Charakters der Aminosäuren und Peptide eine recht gute Pufferkapazität, die jedoch während des Kulturwachstums durch den Verbrauch des Substrats abnimmt. Um während des Kulturwachstums noch nachträglich abzupuffern, setzt man z.B. CaCO3 zur Neutralisation der organischen Säuren zu.

Alle oben genannten Komponenten werden in zahlreichen Variationen zu Nährmedien zusammengesetzt. Flüssige Nährmedien (Bouillon) können durch Zugabe eines Geliermittels auch verfestigt als Nährboden eingesetzt werden.

Zuerst wurde Gelatine als Gelierungsmittel verwendet. Gelatine ist ein Gerüsteiweiß (Kollagen), das durch Extraktion von Häuten, Knochen und Sehnen gewonnen wird; sie löst sich in warmem Wasser und erstarrt nach Erkalten zu einer Gallerte. Bedingt durch das Herstellungsverfahren reagiert die Gelatinelösung sauer und muss vor dem Kochen neutralisiert werden. Gelatine wird zumeist in 14%ier Konzentration gebraucht. Bei Temperaturen über 25 °C wird das Gel bereits weich; durch mehr als 15 minütiges Autoklavieren wird die Gelierfähigkeit zerstört.

Agar-agar ist die Gerüstsubstanz verschiedener Rotalgen. Es besteht als komplexes Polymer aus unverzweigten Kohlenhydrat- Fadenmolekülen. Gewonnen wird Agar agar durch Ausfaulen, Ausfrieren, Reinigen und Trocknen der Algen, wonach er dann entweder als „Fadenagar“ oder in gemahlenem Zustand als „Pulveragar“ in den Handel kommt. Gut gereinigter Agar ist frei von Nährstoffen aller Art; die verschiedenen in Japan, Neuseeland, Südafrika, England und Dänemark hergestellten Erzeugnisse unterscheiden sich aber in den Ascheanteilen beträchtlich und variieren auch in der Gelierfähigkeit. Normalerweise setzt man den Agar 1,2  bis 3 %ig den Nährsubstraten zu.

Durch Erhitzen eines Agar- Wasser- Gemisches entsteht bei 95 °C ein homogenes Gemisch, das bei etwa 50 °C noch gut in Petrischalen ausgegossen werden kann und das bei ca. 40 °C zu einem Gel erstarrt. Durch dieses Ein- Phasen System von ineinandergewobenen Agar- und Wassermolekülen können lösliche Bestandteile leicht hindurchdiffundieren. Der Gelzustand bleibt auch bei hohen Bebrütungstemperaturen erhalten; erst bei erneutem Erhitzen auf 95°C schmilzt das Gel und kehrt bei erneutem Abkühlen wieder in den Gelzustand zurück. Dies ist mehrmals durchführtbar, wenn das Medium keinen zu sauren pH- Wert (5 oder sauer) und keine zu  hohe Salz- konzentration aufweist.

Nur ganz wenige Spezialisten unter den Mikroorganismen haben die Fähigkeit, mittels des Enzyms „Agarase“ den Agar agar anzugreifen und verwerten. Der Agar agar hat sich aufgrund dieser Vorzüge allgemein in der Mikrobiologie als Gelierungsmittel durchgesetzt.

Rezepte für Nährmedien

Feste Nährböden für Bakterien

  1. Hefeextrakt- Pepton- Agar (HPA)

Pepton aus Fleisch             10 g

Hefeextrakt                             1 g

Glucose                                  4 g

Agar agar                             15 g

Ad   dem. Wasser                 1 l  ;  pH- Wert 7

 

  1. Fleischextrakt- Pepton- Agar (FPA)

Pepton aus Fleisch             5 g

Fleischextrakt                      3 g

Agar agar                            15 g

Ad   dem. Wasser              1 l,  pH 7

 

Nährbouillon  für Bakterien: obige Rezepte (HPA und FPA) für feste Nährböden ohne Agar- Zusätze.

  1. Plate-Count-Agar (PCA)

Hefeextrakt                                                             2,5 g

Trypton  (Casein, trypt.)                                       5,0 g

Glucose                                                                    1,0 g

Magermilchpulver (nur für Milchprodukte)     1,0 g

Agar agar je nach Geliereigenschaften       10 – 15 g

Dest. Wasser                                                              1 l

 

  1. Nährboden für Pilze:

Malzextrakt                             4 g

Hefeextrakt                            4 g

Glukose                                20 g

(NH4)2HPO4                         1 g

Agar agar                             15 g

Dest. Wasser                        1 l  , pH 7

 

Durchführung:
Die Bestandteile des jeweiligen Nährbodens, mit Ausnahme des Agars, werden abgewogen und in etwas Aqua dest. gelöst. Anschließend wird der Agar abgewogen und hinzugefügt. Die Suspension wird mit ca. ¾ der Wassermenge unter Schwenken im Wasserbad erhitzt bis der Agar agar vollständig gelöst ist. (Vorsicht – die Lösung schäumt auf!) Nach vollständigem Auflösen (Kochen) des Nährbodens wird der pH- Wert (Indikatorpapier) kontrolliert, evt. korrigiert (mit 1 %iger NaOH oder HCl) und anschließend vollständig ad 1l oder der vorher abgemessenen Marke aufgefüllt. Dann verteilt man den Nährboden auf kleinere Kolben (100 – 300 ml Enghals-EMK die Erlenmeyerkolben dürfen nur ½ bis 2/3 gefüllt werden), verschließt diese mit Stopfen und Alufolie und autoklaviert sie entsprechend den o. a. Zeiten bei 121°C.

In bestimmten Fällen müssen Nährbodenkomponenten getrennt voneinander autoklaviert werden um anschließend unter sterilen Bedingungen zusammengefügt zu werden. Hitze empfindliche Zusätze (manche Zucker) werden sterilfiltriert und nach dem Autoklavieren des Grundnährmediums zugegeben.

Empfindliche Nährböden wie VRB Agar dürfen nicht autoklaviert werden und werden im Dampftopf für 30 min sterilisiert.