ABA bitte mal schnell die Spaltöffnungen schließen

Abscisinsäure ist ein natürliches Pflanzenhormon. Es fördert nicht nur die Pflanzenruhe, es spielt auch eine Rolle bei der Reaktion auf Stressfaktoren wie Trockenheit,  Hitze oder Salz bei Pflanzen. In ihrer Veröffentlichung in Plant Cell Reports vom Juni 2025 „Myosin XI coordinates ABA-induced stomatal closure via microtubule stability and ROS synthesis in drought-stressed Arabidopsis“ setzen Haiyang Liu und Motoki Tominaga (https://doi.org/10.1007/s00299-025-03538-2) unterschiedliche ABA Konzentrationen und führen biologische Empfindlichkeitstests durch. Einen Eindruck der Reaktionsgeschwindigkeit von Spaltöffnung auf die Gabe von ABA vermittelt das folgende auf Youtube veröffentlichts Video, das allerdings aus einem anderen Kontext stammt.

 

Leider enthält das Video keine Zeitachse. Die Geschwindigkeit lässt sich nur grob aus der Bewegung der miterfassten Zellorganellen der Nachbarzellen abschätzen. Für den Gesamtvorgang ist eine Zeitdauer von etwas weniger als 5 Minuten vermutlich plausibel. Das Herstellen für Versuche geeigneter Epidermisabzug-Präparate gelingt verhältnismäßig einfach durch scherendes Auseinanderreißen von Blättern der zu untersuchenden Pflanze. Dabei sollten die Risskanten an ihrer relativen Farblosigkeit zu erkennenden Abschlussgewebsschicht (Epidermis) der Blattunterseite mittels Pinzette weiter vom Blatt abgezogen und in einige Tropfen Wasser auf einen Objektträger übertragen werden. Interessiert der Einfluss unterschiedlicher ABA-Konzentrationen oder der Temperatur oder von Salzkonzentrationen auf die Schließgeschwindigkeit der Spaltöffnungen, kann ein Deckglas auf das zu untersuchende Präparate gelegt und die zu untersuchende Flüssigkeit an den Rand des Deckglases getropft und mittels eines saugfähigen Papierstreifens unter das Deckglas gezogen werden.

Kiritisch für die Untersuchungen sind die Handhabung und Messung der Zeiten (das Präparat sollte möglichst schon vor Beginn der Untersuchung scharf eingestellt sein), der zügige Austausch der Flüssigkeit unter dem Deckglas, aber noch viel mehr die Herstellung einer definierten Konzentration der obig dargestellten ABA. Die Struktur des Moleküls mit ausgedehnten hydrophoben Molekülbereichen und Polarität zum einen in begrenztem Maße am Carbonyl und sowie etwas ausgeprägter am alkoholischen Rest und dort  durch 2 Wasserstoffbrücken unterstützt endet in einem organischen Säurerest. ABA löst sich vermutlich schlecht in Wasser, was ein Blick auf den deutschsprachigen Wikipedia-Artikel zu Abscisinsäure bestätigt. Die dort angegebene, bessere Löslichkeit in Alkohol führt im vorliegenden Versuch nicht weiter, denn dieser würde die Pflanzenzellen zusätzlich stressen oder sogar abtöten. Der Hinweis auf eine bessere Löslichkeit in Basen führt jedoch weiter. In ihrer anionischen Form ist ABA gut in Wasser löslich. Demnach genügen einige Tropfen verdünnter Lauge (z.B. Kalilauge) in einer wässrigen Vorlösung und anschließende Verdünnung der homogen gemischten Lösung mit Wasser auf die für die Stammlösung gewünschte Konzentration. Die beiden kritischen C=C-Doppelbindungen lassen eine hohe Empfindlichkeit des Stoffes auf UV-Licht und Oxidationsmittel vermuten.

Biologische Untersuchungen an Tier und Pflanze setzt (unerwartet?) auch Kompetenzen im Fach Chemie voraus. Eine Fotoserie (Zeitraffer) der Wirkung bestimmter Botenstoffe (wie ABA) im aufsteigenden Wasserstrom eines Pflanzenteils auf die Spaltöffnungen wäre schön und mittels RaspberryPi und Kamera mit Objektiv und Vorsatzlinse realisierbar. In einem solchen Aufbau ließe sich auch die Änderung des elektrischen Potenzials zugleich erfassen, was für weitere Arbeiten eventuell auf den Einsatz optischer Instrumente verzichtbar machen würde. Zudem ist das Beleuchtungsproblem für die synchroner Beobachtung vitaler, intakter Pflanzenteile bei Nutzung von Kamera und Objektiven an mehreren Blättern nicht trivial. Nichtinvasive Untersuchungstechniken können ein Schlüssel für die Vergleichbarkeit von Untersuchungsergebnissen sein.